Liquid Natural Gas (LNG), so lese ich gerade wieder, ist DIE Lösung für die sonst umweltfeindlichen Automotoren. Wirklich?
Ich als Chemiker habe da so meine Bedenken. "Natürliches Flüssiges Gas" klingt zwar gut, doch es ist nichts anderes als unter Druck stehendes (und dadurch flüssiges) Erdgas wie wir es seit Jahrzehnten zum Kochen und Heizen über die Gasleitungen geliefert bekommen. Denn davon, wirklich "natürliches" Gas - also Biogas (hauptsächlich Methan) aus Kläranlagen oder anderen Gärprozessen einzusetzen, sind wir weit entfernt.
Mit anderen Worten: LNG ist wie Benzin oder Diesel ein fossiler Brennstoff, der beim Verbrennen das darin seit Jahrmillionen chemisch gebundene CO2 freisetzt. Es ist schon richtig, dass Flüssiggas weniger Kohlenstoff als Diesel oder Benzin enthält - doch das sind in etwa ganze 5% bis 6%1) (bei reinem Methan wäre dieser Prozentsatz etwa sechs mal so hoch)! Ein nur geringfügig höherer Verbrauch eines mit Flüssiggas (LNG) betriebenen Motors macht das sofort wieder wett.
Aber LNG verbrennt viel sauberer, verursacht viel weniger andere Schadstoffe als Diesel und Benzin! Wirklich? Der meist zitierte Schadstoff sind die Stickoxide, sogenanntes NOx. Das entsteht aber bei hohen Verbrennungstemperaturen und sehr mager eingestellten Motoren (also bei großem Luftüberschuss) nicht aus dem Kraftstoff, sondern aus der überschüssigen Luft, da bei sehr hohen Temperaturen der Sauerstoff (O2) und der Stickstoff (N2) der Luft miteinander reagieren können. Die Chemie Linz macht auf diese Weise mit einem elektrischen Lichtbogen sogar Kunstdünger aus Luft. Das Dumme dabei: Um wenig Sprit, egal ob Benzin, Diesel oder Flüssiggas, zu verbrauchen (= niedriger CO2 Ausstoß), muss der Luftüberschuss groß und die Temperatur hoch sein - ideal für hohe Stickoxidwerte.
Selbst ein Verbrennungsmotor, der mit reinem Wasserstoff betrieben wird und theoretisch nur Wasserdampf als Abgas produziert, stößt daher ebenfalls Stickoxide aus. Wasserstoff ist daher nur in der Kombination von Brennstoffzellen und Elektromotor ein wirklich schadstofffreier Treibstoff.
LNG als "umweltfreundlicher" Treibstoff kann mich als Chemiker daher überhaupt nicht überzeugen. Der einzige Vorteil ist in meinen Augen, dass LNG etwas billiger als Benzin und Diesel ist. Vielleicht ist das der Grund, warum manche Kommunen auf diesen nur scheinbar umweltfreundlichen Kraftstoff bei ihren Bussen und anderen Kraftfahrzeugen setzen.
1) Berechnet aus dem molekularen Verhältnis von Kohlenstoff zu Wasserstoff in Butangas sowie einer Benzinfraktion (n-Heptan).
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Ich bin für Wasserstoff!
Altbundeskanzler Kurz hat für Österreich eine Wasserstoffinitiative - nicht angekündigt sondern - angeregt. Sofort meldete sich die Journailie zu Wort und verteufelte die Idee: Wasserstoff wird umweltschädlich hergestellt, es gibt keine Infrastruktur und außerdem gibt es auch keine Wasserstoffautos.
Wenn immer nur an Autos gedacht wird, stimmt es, dass es keine Infrastruktur gibt. Aber für Wasserstoff als Gas zum Kochen und Heizen gäbe es jede Menge Infrastruktur! Die überwiegende Zahl der österreichischen Haushalte hängen fürs Kochen oder Heizen an einem Erdgasversorgungsnetz.
Ich kann mich noch erinnern, dass, als ich noch in die Volksschule ging (also vor gut 60 Jahren, genau weiß ich es nicht mehr), ein Techniker in der Wohnung meiner Eltern kommen musste, um die Brennerdüsen unseres Gasherds auszutauschen: Die Stadt Wien stellte nämlich von Stadtgas auf Erdgas um (kann sich noch jemand an dieses in eigenen Kokereien aus Kohle und Wasser hergestellte hochgiftige Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff erinnern? Als Nebenprodukt gabs übrigens Koks zum Heizen)!
Gäbe es eine ausreichende Wasserstoffproduktion beispielsweise mit Elektrizität aus Windkraft oder Solarenergie, könnte die heutige (Erd-)Gas Infrastruktur zur Verteilung genutzt werden - sogar über weite Entfernungen, denn unser Erdgas kommt ja auch nicht aus dem Gärtchen vor unserem Haus sondern zum großen Teil aus dem fernen Russland. Ich gebe zu, dass Russland für die Produktion von Wasserstoff vielleicht nicht so gute Karten hat (Windkraft wäre in sibirischen Erdgasfeldern vielleicht eine Lösung) und die Northstream 2 Pipeline, an der die OMV beteiligt ist, könnte daher eine Fehlinvestition werden.
Ich fände es aber auf jeden Fall toll, wenn ich in meiner Wohnung meine Gastherme mit Wasserstoff statt Erdgas betreiben könnte. Das wäre umweltfreundlich und sicher (bei einem Schaden an der Therme könnte es zum Beispiel keine Kohlenmonoxidvergiftung mehr geben!). Vielleicht kommt dann unser Wasserstoff aus Windanlagen in der Nordsee (oder doch Sibirien?) oder aus Solaranlagen aus am Meer gelegenen Golfstaaten. Dazu, den Wasserstoff selbst mit einer Solaranlage auf dem Dach produzieren zu wollen, möchte ich mich nicht versteigen, obwohl das in bestimmten Fällen durchaus möglich sein könnte.
Also vielleicht kommt doch eine Wasserstoffinitiative in Österreich und vielleicht erlebe ich zum zweiten Mal in meinem Leben einen Austausch der Brennerdüsen in Herd und Therme. Es wäre mir die kleine Unannehmlichkeit wert!